Donnerstag, 5. Juni 2014

Recherche

Das Tückische (!) - und natürlich auch das Schöne - am Schriftstellerdasein ist es für mich, mich mit allem näher beschäftigen zu können, was mich interessiert. Ob Tauchen oder Fliegen, Forensik oder Edelsteinsuchen - ich kann es mir aussuchen. Tückisch - sagte ich. Denn oft bringt mich die Recherche auf wieder neue Themen. Offenbar folgt meine Spürnase einer Spur, die immer ins weltpolitische Dickicht führt.
Wollte ich gestern doch nur ein bisschen die Geschichte Andalusiens recherchieren, lande ich nicht nur - wie erwartet - bei Francos gescheiterter Landreform sondern sehr schnell bei der EU-Subventionspolitik, die Milliardären wie der Herzogin von Alba (um nur einen Namen zu nennen), die für das Brachliegen ihres immensen Landbesitzes EU-Millionen kassieren - und bei aufständischen Landarbeitern, die einfach für ihre Arbeit bezahlt werden wollen und deshalb unbestelltes Land besetzen und bearbeiten. Jedesmal, wenn ich von Málaga nach Tarifa an die Atlantikküste fahre, frage ich mich, wem wohl das Land gehört, auf dem die zig-Windränder stehen, die Strom produzieren, und wie viel Geld dem Landbesitzer dafür gezahlt wird.
Dann denke ich an meine spanischen Freunde. An Juan, Anfang dreißig, der seit Jahren  keine Anstellung als Lehrer hat - und immer noch bei seinen Eltern wohnen muss. An Miguel, der arbeiten will, aber als Bauarbeiter längst keinen Job mehr kriegt. An die jungen Typen, die für ein paar Euro im Winter Oliven pflücken und dann auch nicht mehr wissen, wovon sie leben sollen.
An die vielen, vielen jungen Menschen in Spanien, denen es ähnlich geht.
Mal ehrlich: Wenn Sie König von Spanien (oder Herzog ...) wären - könnten Sie sich noch guten Gewissens in ihrem goldenen Spiegle ins Gesicht sehen?


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